Eine Verlängerung der Anspruchsdauer für die Gewährung von Studienbeihilfe ist nicht mit dem Ausmaß der doppelten vorgesehenen Studiendauer begrenzt oder „gedeckelt“.
Das geht aus dem Erkenntnis des VwGH vom 15.6.2020, Ro 2019/10/0037, hervor.

Rechtssätze des VwGH:

  • Das VwG vertrat die Auffassung, aus der „Systematik der studienförderungsrechtlichen Bestimmungen“ sei eine zeitliche Beschränkung der Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen – nämlich mit dem Höchstausmaß „doppelte vorgesehene Studiendauer eines Studiums“ – abzuleiten. Eine derartige zeitliche Begrenzung ist aus den §§ 18 und 19 StudFG 1992 nicht abzuleiten (vgl. VwGH 19.7.2001, 96/12/0366; 19.7.2001, 2000/12/0066; 11.6.2003, 2003/10/0118 = VwSlg. 16.106 A/2003).
  • Auszugehen ist davon, dass der „günstige Studienerfolg“ als allgemeine Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung von Studienbeihilfe zu verneinen ist, wenn auch nur eine der drei Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 StudFG 1992 nicht vorliegt. Nach der Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Z 2 StudFG 1992 darf die vorgesehene Studienzeit – unter Hinweis auf §§ 18, 19 StudFG 1992 – nicht wesentlich überschritten werden. Die nähere Ausgestaltung dieser Voraussetzung nehmen die Bestimmungen der §§ 18, 19 StudFG 1992 zur „Anspruchsdauer“ und zu deren Verlängerung aus wichtigen Gründen vor. Die vorgesehene Studiendauer des vom Studierenden betriebenen Diplomstudiums Medienkunst – Digitale Kunst beträgt acht Semester; zufolge der Anordnung des § 18 Abs. 1 StudFG 1992 ergibt sich grundsätzlich eine Anspruchsdauer von zehn Semestern (erster Studienabschnitt: drei Semester, zweiter Studienabschnitt: sieben Semester).

Aus den Entscheidungsgründen des VwGH:

[…] Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Rechtsauffassung zugrunde, aus der „Systematik der studienförderungsrechtlichen Bestimmungen“ sei eine zeitliche Beschränkung der Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen – nämlich mit dem Höchstausmaß „doppelte vorgesehene Studiendauer eines Studiums“ – abzuleiten. […]

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Auffassung des Verwaltungsgerichtes, die Verlängerung der Anspruchsdauer für die Gewährung von Studienbeihilfe sei – unabhängig von den Umständen des Einzelfalles – mit dem Ausmaß der doppelten vorgesehenen Studiendauer begrenzt oder „gedeckelt“, nicht anzuschließen. Eine derartige zeitliche Begrenzung ist aus den §§ 18 und 19 StudFG – worauf die Revision zutreffend hinweist – nicht abzuleiten und wurde auch bislang in der hg. Judikatur zur Anwendung dieser Bestimmungen nicht angenommen (vgl. etwa VwGH 19.7.2001, 96/12/0366, mwN, 19.7.2001, 2000/12/0066, oder 11.6.2003, 2003/10/0118 = VwSlg. 16.106 A). Im Übrigen lässt die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung – wie zu zeigen sein wird – den hier vorliegenden normativen Zusammenhang mit § 31 Abs. 2 HSG 2014 und der AnspruchsdauerVO außer Acht.

Auszugehen ist davon, dass der „günstige Studienerfolg“ als allgemeine Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung von Studienbeihilfe zu verneinen ist, wenn auch nur eine der drei Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 StudFG nicht vorliegt. Für den vorliegenden Fall entscheidend ist die Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Z 2 StudFG, wonach die vorgesehene Studienzeit – unter Hinweis auf §§ 18, 19 StudFG – nicht wesentlich überschritten werden darf. […]

Die vorgesehene Studiendauer des vom Revisionswerber betriebenen Diplomstudiums Medienkunst – Digitale Kunst beträgt acht Semester; zufolge der Anordnung des § 18 Abs. 1 StudFG ergibt sich grundsätzlich eine Anspruchsdauer von zehn Semestern (erster Studienabschnitt: drei Semester, zweiter Studienabschnitt: sieben Semester). Die belangte Behörde […] und der Revisionswerber stimmen darin überein, dass diese Anspruchsdauer im ersten Studienabschnitt um zwei Semester (wegen Pflege und Erziehung eines Kindes gemäß § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG) und im zweiten Studienabschnitt um zwei Semester (wegen Pflege und Erziehung eines weiteren Kindes gemäß § 19 Abs. 3 Z 2 StudFG) und um ein Semester (wegen Krankheit gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 StudFG) verlängert wurde.

Was die Verlängerung der Anspruchsdauer wegen der Tätigkeit des Revisionswerbers als Studierendenvertreter anlangt, gehen die Auffassungen der beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auseinander:

Während die belangte Behörde von einer Verlängerung der Anspruchsdauer um drei Semester aus diesem Grund auszugehen scheint […], hat der Revisionswerber […] den Rechtsstandpunkt eingenommen, er habe wegen seiner Tätigkeit als Studierendenvertreter – „unabhängig von weiteren Verlängerungsgründen“ – Anspruch auf eine Verlängerung der Anspruchsdauer um vier Semester; in seiner – mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesenen – Beschwerde hat sich der Revisionswerber in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf § 31 Abs. 2 HSG 2014 und die diese Bestimmung präzisierende AnspruchsdauerVO berufen.

Ausgehend von seiner – vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten – Rechtsauffassung, aus den Bestimmungen des StudFG ergebe sich, dass ein durchgehender Bezug von Studienbeihilfe immer nur bis zum Höchstausmaß „doppelte vorgesehene Studiendauer eines Studiums“ möglich sei, was die Verlängerung der Anspruchsdauer zeitlich beschränke, hat sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis mit diesem Vorbringen des Revisionswerbers nicht befasst.

Angesichts der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu der Tätigkeit des Revisionswerbers als Studierendenvertreter […] kommt einer näheren Prüfung dieser Tätigkeit vor dem Hintergrund des § 31 Abs. 2 HSG und der §§ 3 und 4 AnspruchsdauerVO entscheidende Bedeutung zu: Ergäbe sich daraus tatsächlich eine Verlängerung der Anspruchsdauer um vier Semester, so folgte daraus eine Gesamtanspruchsdauer von 19 Semestern, von der auch das antragsgegenständliche Wintersemester 2017/18 noch umfasst wäre.

Indem das Verwaltungsgericht diese Prüfung unterlassen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.