Die neue Pädagog/innenausbildung sieht eine grundsätzliche Kooperationsverpflichtung von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen vor.
Seit Beginn der Arbeiten an der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für Studienangebote im Rahmen der sog „PädagogInnenbildung neu“ wurde wiederholt die Frage aufgeworfen, ob eine Einbeziehung von Privatuniversitäten in die diesbezüglichen Entwicklungsverbünde von Gesetzes wegen zulässig ist. Die in den zuständigen Ministerien (BMB bzw BMWFW) derzeit vorherrschende Rechtsmeinung geht von einer Nichtzulässigkeit de lege lata aus – dazu folgt hier eine kurze Entgegnung.
Das Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005, das Universitätsgesetz 2002 und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (Bundesrahmengesetz zur Einführung einer neuen Ausbildung für Pädagoginnen und Pädagogen), BGBl I 2013/124, hat zum Ziel, „mit der neuen Ausbildung die Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Lehrerinnen und Lehrer bestmöglich für die in Österreich vorhandenen Schularten (Volksschule, Hauptschule, Neue Mittelschule, AHS, berufsbildende Schulen etc.) auszubilden und die Qualität ihrer Ausbildung zu verbessern. Um die Flexibilität des Einsatzes der Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Lehrerinnen und Lehrer und die Übergänge zwischen den Schulstufen und Schularten zu erleichtern, wurden große ‚Lehrämter für größere Altersbereiche‘ konzipiert. Neben einem Bachelorstudium in der Länge von 8 Semestern (240 ECTS-Anrechnungspunkten) wurde das Masterstudium als notwendige Weiterqualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer erachtet. Zur Umsetzung dieses Vorhabens haben Universitäten und Pädagogische Hochschulen eng zu kooperieren“ (ErlRV 2348 BlgNR XXIV. GP 3).
Gemäß dem Privatuniversitätengesetz steht es den Privatuniversitäten grundsätzlich frei, nach erfolgter Programmakkreditierung jede Art von Studien – und somit auch Lehramtsstudien – auf allen akademischen Ebenen anzubieten.[1]
Nach dem Bundesrahmengesetz zur „PädagogInnenbildung NEU“ stellen sich die rechtlichen Voraussetzungen für Privatuniversitäten zur Partizipation an gemeinsam eingerichteten (Lehramts-)Studien wie folgt dar:
Gemäß § 54 Abs 9 Universitätsgesetz 2002 (UG)[2] dürfen öffentliche Universitäten Studien auch gemeinsam mit anderen Universitäten sowie mit Privatuniversitäten, Erhaltern von Fachhochschul-Studiengängen und Pädagogischen Hochschulen durchführen. Bei Beteiligung von anderen als den in § 6 UG genannten Bildungseinrichtungen[3] haben die beteiligten Bildungseinrichtungen eine Vereinbarung über die Durchführung, insbesondere die Zuständigkeiten (Zulassung, Ausstellung von Zeugnissen, Anerkennung von Prüfungen etc.) zu schließen. In dem von den beteiligten Bildungseinrichtungen gleichlautend zu erlassenden Curriculum ist die Zuordnung der Fächer oder Lehrveranstaltungen zu der jeweiligen Bildungseinrichtung ersichtlich zu machen. Gesetzliche Zuständigkeiten bleiben von dieser Bestimmung unberührt.
Als lex specialis sieht § 54 Abs 6c UG nunmehr vor, dass Angebote von Bachelor- und Masterstudien zur Erlangung eines Lehramtes für Volksschulen, Sonderschulen, Polytechnische Schulen, Hauptschulen, Neue Mittelschulen oder für den Bereich der Berufsbildung nur in Form eines mit einer (oder mehreren) Pädagogischen Hochschulen gemeinsam eingerichteten Studiums angeboten und geführt werden können.
Korrespondierend dazu sieht auch das Hochschulgesetz 2005 (HG)[4] eine – neben der allgemeinen Kooperationsverpflichtung des § 10 leg.cit.[5] – auch eine spezielle Kooperationsverpflichtung bezüglich „gemeinsam eingerichteter Studien“ vor (vgl insb § 35 Z 4a und § 38 Abs 2c HG):
Gemäß § 35 Z 4a HG sind gemeinsam eingerichtete Studien „Studien gemäß § 10 [HG], bei denen zwei oder mehrere Pädagogische Hochschulen oder eine (oder mehrere) Pädagogische Hochschule(n) in Kooperation mit einer (oder mehreren) Universität(en), Erhaltern von Fachhochschul-Studiengängen, BGBl. Nr. 340/1993, bzw. ausländischen Hochschulen ein gleichlautendes Curriculum erlassen, in dem vorzusehen ist, welche Studienteile von welcher Institution durchgeführt werden. In einer Kooperationsvereinbarung sind insbesondere die Arbeits-, die Ressourcenaufteilung sowie die Aufnahmsvoraussetzungen festzulegen.“
Gemäß § 38 Abs 2c HG richtet sich (ab diesem Zeitpunkt) die Zuständigkeit für das jeweilige Lehramt nach der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung schon bestandenen bisherigen Kompetenzverteilung. Neue Studien zur Erlangung eines Lehramtes im Bereich der Sekundarstufe (Allgemeinbildung), die darüber hinausgehen, können nur in Kooperation mit einer (oder mehreren) Universität(en) und bzw. oder ausländischen Hochschulen angeboten werden. Angebote von Masterstudien zur Erlangung eines Lehramtes im Bereich der Sekundarstufe (Allgemeinbildung) können daher nur in Form eines mit einer (oder mehreren) Universität(en) bzw. ausländischen Hochschulen – jeweils mit dem Recht zur Verleihung von Doktorgraden in facheinschlägigen Studien – gemeinsam eingerichteten Studiums im Sinn des § 35 Z 4a angeboten und geführt werden und haben mindestens 90 ECTS-Credits zu umfassen.[6]
Im Unterschied zu § 54 Abs 9 UG, § 35 Abs 4 HG sowie § 3 Abs 3 PUG fehlt in den Aufzählungen des § 35 Z 4a sowie des § 38 Abs 2c HG die Nennung der Privatuniversitäten als mögliche Kooperationspartner. Fraglich ist, ob es sich dabei um eine planwidrige und demzufolge durch Interpretation zu schließende Regelungslücke handelt, oder ob der Gesetzgeber bewusst die Privatuniversitäten von der Teilnahme an gemeinsam eingerichteten Lehramtsstudien ausschließen wollte.
Lösungsvorschlag:
Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht iS eines Abwehrrechts gegenüber dem Staat zur Einschränkung der Staatsgewalt[7] bindet neben der Verwaltung auch die (einfache) Gesetzgebung.[8] Als normativer Maßstab für die inhaltliche Gestaltung der Gesetze gilt das Kriterium der sachlichen Rechtfertigung: Eine Ungleichbehandlung ist gleichheitswidrig, wenn sie sachlich nicht gerechtfertigt ist; der Gleichheitssatz ist in diesem Sinn ein allgemeines Sachlichkeitsgebot sowie ein Verbot der unsachlichen Differenzierung. Eine gleichheitskonforme Interpretation des § 35 Z 4a sowie des § 38 Abs 2c HG gebietet daher die Einbeziehung auch der Privatuniversitäten in den Katalog der möglichen Kooperationspartner für Lehramtsstudien in das Regelungsregime der PädagogInnenbildung NEU.
Dieses Ergebnis stimmt auch mit der Gesamtsystematik des Hochschulrechts und dem allgemeinen Credo der Durchlässigkeit der Hochschulsysteme überein.
Vorbild der neu geschaffenen Bestimmungen für die Einrichtung neuer Lehramtsstudien war wohl § 54 Abs 9 UG. Aus der Zusammenschau der Ausführungen in den Materialien zu den einschlägigen Änderungen im UG sowie HG im „Bundesrahmengesetz“ legen den Schluss nahe, dass es sich bei der fehlenden Nennung der Privatuniversitäten in § 35 Z 4a HG und § 38 Abs 2c HG um eine planwidrige Lücke, offensichtlich um ein Redaktionsversehen im Zuge der Gesetzeswerdung, handelt.
Bereits aus dem gesetzlichen Auftrag des § 10 HG ergibt sich eine umfassende Kooperationsverpflichtung der PH mit anderen Bildungsträgern[9].
FAZIT
- Die Beteiligung einer Privatuniversität an einem Lehramtsstudium in Form eines gemeinsam eingerichteten Studiums ist grundsätzlich möglich.
(Gleichheitssatz Art 7 Abs 1 B-VG), Gesamtsystematik des Hochschulrechts, Kooperationsverpflichtung § 10 HG) - Notwendige Voraussetzungen zur Partizipation der ABPU an einem gemeinsam eingerichteten Lehramtsstudium:
- Bachelorstudium: keine besonderen Voraussetzungen gem. HG
- Masterstudium: Einrichtung eines facheinschlägigen Doktoratstudiums zum Zeitpunkt der Erlassung des Master-Curriculums
- Finanzierungsverbot des Bundes: Sofern keine [gesonderte] Vereinbarung mit dem Bund getroffen wird, dürfen einer Privatuniversität keine geldwerten Leistungen des Bundes zuerkannt werden. Das Finanzierungsverbot gilt insbesondere auch für Leistungen im Rahmen der Leistungsvereinbarungen/Leistungspläne der Universitäten bzw. Pädagogischen Hochschulen. (§ 5 PUG)
[1] § 2 Abs 1 Z 4 und § 3 PUG. Vgl hiezu etwa das akkreditierte Lehramtsstudium „Katholische Religion“ der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz.
[2] Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien, BGBl I 2002/120 idgF.
[3] § 6 UG bezieht sich auf die öffentlichen Universitäten.
[4] Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien, BGBl I 2006/30 idgF.
[5] „Die Pädagogischen Hochschulen haben hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben untereinander und mit anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, insbesondere mit in- und ausländischen Universitäten und Fachhochschulen zu kooperieren. Die Kooperation erstreckt sich neben der wissenschaftlich-berufsfeldbezogenen Forschung und Entwicklung auch auf die Evaluation und insbesondere auf die Erstellung der Curricula und auf die Studienangebote sowie deren Durchführung und soll die Durchlässigkeit von Bildungsangeboten im Sinne einer gegenseitigen Anrechenbarkeit von Studien und Studienteilen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten sicherstellen.“
[6] Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei einer Kooperation im Lehramts-Bachelorbereich jedenfalls nicht das Recht der Universität(en) zur Verleihung von Doktorgraden in facheinschlägigen Studien erforderlich ist.
[7]Vgl etwa R. Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte (2003) 43; T. Öhlinger, Verfassungsrecht8 (2009) Rn 692 und 740.
[8] Siehe etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001.
[9] „Die Pädagogischen Hochschulen haben hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben untereinander und mit anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, insbesondere mit in- und ausländischen Universitäten und Fachhochschulen zu kooperieren. Die Kooperation erstreckt sich neben der wissenschaftlich-berufsfeldbezogenen Forschung und Entwicklung auch auf die Evaluation und insbesondere auf die Erstellung der Curricula und auf die Studienangebote sowie deren Durchführung und soll die Durchlässigkeit von Bildungsangeboten im Sinne einer gegenseitigen Anrechenbarkeit von Studien und Studienteilen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten sicherstellen.
[1] ErlRV 2348 BlgNR XXIV. GP 3.
