Wie gestern bekannt wurde, überlegt die Universität Wien, Anmeldegebühren für Aufnahmetests einzuführen. Grund dafür ist die hohe Quote von Studienwerbern, die trotz Anmeldung zu den vorgesehenen Aufnahmeprüfungen (in den Fächern Psychologie, Publizistik, Ernährungswissenschaften und Pharmazie) nicht erschienen sind. Dabei argumentiert die Universität zusammenfassend mit den hohen Kosten, die die Durchführung eines solchen Aufnahmetests verursacht (vgl ua http://derstandard.at/1378248720041/Uni-Wien-ueberlegt-Anmeldegebuehren-bei-Aufnahmeverfahren).

Neu ist diese Idee freilich nicht, so haben beispielsweise schon seit mehreren Jahren die Medizinischen Universitäten Wien und Innsbruck für die Durchführung des EMS-Tests  einen „Kostenbeitrag“ in Höhe von bis zu ca. 100 Euro den Studienwerbern vorgeschrieben (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120127_OTS0044/anmeldung-fuer-eignungstest-an-der-meduni-wien-von-1-bis-20-februar). Die selbe Kostenregelung gilt auch für den Nachfolgetest an den genannten Medizinischen Universitäten, den MedAT (http://medizinstudieren.at/cms3/index.php/ablauf-und-termine/kostenbeteiligung). Auch die Universität Innsbruck sieht in ihren Verordnungen über die Durchführung einer Aufnahmeprüfung die Vorschreibung eines Kostenbeitrags iHv bis zu 100 Euro vor (vgl etwa die Verordnungen über das Aufnahmeverfahren vor der Zulassung für das Bachelorstudium sowie für das Diplomstudium Pharmazie, http://www.uibk.ac.at/service/c101/mitteilungsblatt/2012-2013/25/mitteil.pdf).

§ 124b Abs 1 und 6 Universitätsgesetz (UG) sehen – unter verschiedenen Voraussetzungen – die grundsätzliche Möglichkeit der Schaffung eines Aufnahmeverfahrens in gewissen Studienrichtungen vor. Völlig außer Zweifel steht weiters, dass es sich bei der Vollziehung dieses Aufnahmeverfahrens um eine hoheitliche Tätigkeit der Universitäten handelt. Gerade im Lichte der aktuellen Judikatur des VfGH zur Frage der Zulässigkeit der autonomen Einhebung von Studienbeiträgen stellt sich allerdings die Frage, ob die Einhebung von solchen „Anmeldegebühren“, „Kostenbeiträgen“ oä zulässig ist, zumal es jedenfalls an einer eindeutigen gesetzlichen Ermächtigung fehlt.

Dazu führt der VfGH in seinen Entscheidungen wie folgt aus (VfGH 29.6.2013, G35/2013 ua, V32/2013 ua; Hervorhebungen durch den Autor):

Die den Universitäten verfassungsgesetzlich gewährleistete Befugnis, im Rahmen der Gesetze autonom zu handeln und Satzungen erlassen zu können, besteht nach Art 81c Abs 1 B-VG so weit, als es um die Besorgung ihrer universitären Angelegenheiten geht. Was in diesem Sinn zu den „Universitätsaufgaben“ gehört, für die die Garantien des Art 81c Abs1 B-VG gelten, ist in Satz 1 des Art 81c Abs 1 B-VG generalklauselartig angesprochen und im Einzelnen im Lichte des Art 17 StGG durch eine Auslegung zu ermitteln, die am Begriff der „öffentlichen Universität“ ansetzt und dabei auch die vom VfGH bei der Erlassung des Art 81c B-VG vorgefundenen gesetzlichen Aufgabenzuweisungen an öffentliche Universitäten und deren Entwicklung berücksichtigt. Art 81c Abs 1 B-VG geht damit von einem verfassungsrechtlich vorgeprägten Bereich der Autonomie der öffentlichen Universität aus.

Ein wesentliches Merkmal öffentlicher Universitäten iSd Art 81c Abs 1 B-VG ist die staatliche Verantwortung für die Finanzierung der Regelstudien, also der Grund-, Aufbau- und Doktoratsstudien der öffentlichen Universitäten, sowie für ein angemessenes Ausmaß von, iSd Art 81c Abs 1 B-VG „freier“, also keinen inhaltlichen Einflüssen ausgesetzter und keinen anderen als intrinsischen Anreizen unterliegender wissenschaftlicher Forschung an diesen Universitäten. Im Rahmen dieser Gewährleistung unterliegen öffentliche Universitäten aber auch staatlichen Anforderungen, die der Gesetzgeber wegen ihrer besonderen gesellschaftlichen Bedeutung insbesondere hinsichtlich der staatlich finanzierten Studien – etwa im Wege von Leistungsvereinbarungen – an die Universitäten stellen kann. Insoweit ordnet Art81c Abs1 Satz 2 B-VG mit dem Verweis auf den „Rahmen der Gesetze“ mehr und anderes an als die Selbstverständlichkeit, dass auch Universitäten nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen dürfen.

Ob und inwieweit Studierende für die Absolvierung staatlich finanzierter Regelstudien an öffentlichen Universitäten Beiträge leisten sollen (und damit der Sache nach eine solche öffentliche Finanzierung in anderer Abgrenzung als aus allgemeinen Budgetmitteln erfolgen soll), gehört zu jenem gesetzlichen Rahmen, dem die Universitäten unterliegen und der ihr Handeln iSd Art 18 Abs 1 B-VG bestimmt.

Die Entscheidung, ob Studienbeiträge eingehoben werden, hat wegen Art 81c Abs 1 B-VG und Art 18 B-VG im Hinblick auf die (Finanzierungs-)Verantwortung des Staates für öffentliche Universitäten also der Gesetzgeber zu treffen. Dieser ist damit auch verpflichtet, die gesetzliche Grundlage der Einhebung von Studienbeiträgen an Universitäten so auszugestalten, dass sie insgesamt den Anforderungen des Art18 B-VG im Hinblick auf ihre Determinierung Rechnung trägt (siehe VfSlg 19448/2011) und den Vorgaben des Gleichheitsgrundsatzes entspricht. Dies schließt auch ein, dass der Gesetzgeber einen, den genannten Anforderungen des Art18 B-VG und des Gleichheitsgrundsatzes entsprechenden Rahmen festlegt, innerhalb dessen die öffentlichen Universitäten Studienbeiträge festsetzen können.

Insbesondere aus dem vorletzten Absatz des zitierten Erkenntnisses geht eindeutig hervor, dass die Satzungsautonomie der Universitäten dort ihre Grenzen findet, wo gesetzlich nicht vorgesehene finanzielle Leistungen von den Studierenden gefordert werden. Ein solches „Abgabenerfindungsverbot“ ist wohl sinngemäß auch auf die – noch nicht studierenden – Studienwerber im Aufnahmeprozess zu erweitern. Vielmehr handelt es sich beim Aufnahmeverfahren um den Teil eines Verwaltungsverfahrens nach AVG (das mit der Zulassung zum Studium oder andernfalls mit einem zurück-/abweisenden Bescheid endet), das die Universitäten aus ihrem vom Bund zugewiesenen Budget zu bestreiten haben. Dafür, dass die Universitäten dafür genügend Geld – im Sinn einer „Grundsicherung“ – haben, hat der Bund aufgrund seiner ebenfalls vom VfGH ausdrücklich ausgesprochenen Finanzierungsverantwortung für die öffentlichen Universitäten zu sorgen.

Die Universität Wien wäre wohl gut beraten, von Anmeldegebühren auch hinkünftig Abstand zu nehmen – und die bereits einhebenden Universitäten werden sich früher oder später auf ein Verordnungsprüfungsverfahren vor dem VfGH gefasst machen müssen.